Richard Genée (1823-1895)
geboren am 7. Februar 1823 in Danzig (Polen) |
Franz Friedrich Richard Genée wurde am 7. Februar 1823 in Danzig als erster Sohn des Bassisten und Theaterdirektors Johann Friedrich Genée (1795-1856) geboren. Seine väterlichen Vorfahren entstammten einer preussisch-hugenottischen Familie aus Königsberg. Richard Genées Bruder war der Schriftsteller, Theaterhistoriker und Literaturwissenschaftler Rudolph Heinrich Genée (1824-1914), der sich als Shakespeare-Forscher großes Ansehen erwarb. Seine Schwester Ottilie Genée (1834-1911) war als Soubrette in Deutschland und Amerika erfolgreich und mit dem Theaterdirektor Charles Fritzsch verheiratet. Seine jüngste Schwester Elisabeth Genée blieb unverheiratet und lebte mit ihrer Mutter in einem Haushalt.
In Berlin besuchten Richard Genée und sein jüngerer Bruder Rudolph das Gymnasium zum Grauen Kloster. Dann studierte er zunächst Medizin und wechselte erst später zur Musik. Er nahm in Berlin bei Adolf Stahlknecht (1813-1887) Kompositionsunterricht und lernte bei Siegfried Wilhelm Dehn (1799-1858) Musiktheorie. 1841 übersiedelte die Familie Genée nach Danzig, wo Genées Vater die Direktion des Stadttheaters übernahm und Richard Genée ab 1843 als Ballettdirigent und zweiter Musikdirektor engagiert war. Ab 1848 war war er Theaterkapellmeister in Reval und im Jahr danach in Riga. 1850 heiratete Richard Genée in Danzig die aus Königsberg stammende Emilie L'Orange. Die Ehe blieb jedoch kinderlos.
1854 wechselte Richard Genée als Theaterkapellmeister nach Köln, danach nach Düsseldorf, Aachen und Danzig, wo er seinen schwerkranken Vater nach einem Schlaganfall bis zu dessem Tod betreute. Ab 1857 war Genée in Mainz, wo ihn das fröhliche Karnevalstreiben zur Komposition zahlreicher humoristischer Männerchöre, Lieder und einaktigen Operetten inspirierte. 1862 ging er, vom Opernkomponisten Friedrich von Flotow (1812-1883) empfohlen, dann an die Hofoper Schwerin. Danach war er an der Deutschen Oper in Amsterdam tätig und machte sich ab 1864 am Prager Landestheater als Wagner-Dirigent einen Namen. 1868 kam Richard Genée nach Wien und war über ein Jahrzehnt am Theater an der Wien engagiert.
Hier wurde er gemeinsam mit F. Zell (eigentl. Camillo Walzel) zum Wegbereiter der Wiener Operette. Als Richard Genée nach Wien kam, wurden hier schon seit über 10 Jahren die Operetten von Jacques Offenbach mit großem Erfolg gespielt und auch Franz von Suppé hatte bereits seine ersten Erfolge auf der Operettenbühne. In den neuen von Richard Genée verfassten und mitverfassten Liedtexten und Libretti zeigte sich nun immer wieder sein trockener („norddeutscher“) Humor. Dieser milderte die bisher übliche Aggressivität und Obszönität in der Satire der französischen Offenbach-Operetten merklich ab, ohne aber jemals ins ganz „Süßliche“ oder in den totalen „Kitsch“ zu verfallen.
Bei fast allen gemeinsamen Textbüchern war Richard Genée für die Gesangstexte und Camillo Walzel für die gesprochenen Dialoge zuständig. Diese an sich „starre“, aber sehr effiziente und vor allem vielfach erfolgreiche Aufteilung wurde aber je nach Stück auch durchbrochen. Genée schrieb also auch Teile der Dialoge und war als erfahrener Theaterkapellmeister dem eigentlichen Komponisten bei der Komposition und Korrektur einzelner Musiknummern und bei der Instrumentation behilflich. Die Operettenfirma Zell und Genée verfasste zahlreiche Textbücher für Bühnenwerke von Johann Strauss, Karl Millöcker, Franz von Suppé, aber auch von Carl Zeller und Carl Michael Ziehrer. Einzelne erfolgsversprechende Stoffe verwendeten sie sogar mehrmals, wie zum Beispiel bei den Operetten Die Carbonari (1880) von Carl Zeller und Gasparone (1884) von Karl Millöcker. Die erfolgreichsten Werke, an denen Genée maßgeblich beteiligt war, sind die heute noch viel gespielten Operetten Die Fledermaus von Johann Strauss und Der Bettelstudent von Karl Millöcker.
Richard Genée war nicht nur als Kapellmeister und Librettist, sondern, wie schon erwähnt, auch als Komponist von Männerchören, Liedern und eigener Opern und Operetten erfolgreich, zum Teil sogar mit selbstverfassten Textbüchern, so zum Beispiel für die Operetten Der Seekadett (1876), Nanon (1877) und Nisida (1880).
In seinen späteren Jahren war Richard Genée weiterhin sehr aktiv. Er verbrachte die Sommermonate gerne in Wien, Tullnerbach bei Pressbaum oder in Baden bei Wien, die Wintermonate aber in Berlin bei seiner Adoptivtochter Anna Barbara Genée (1867-1950), einer ehelichen Tochter von Friedrich von Flotow, die dieser aber nicht anerkannte.
Während eines Kuraufenthalts in Baden bei Wien starb Richard Genée am 15. Juni 1895 im Alter von 72 Jahren und wurde 3 Tage später in der evangelischen Kirche eingesegnet und am Badener Stadtpfarrfriedhof begraben. Unter den zahlreichen Trauergästen befanden sich laut damaligen Zeitungsberichten die Komponisten Johann Strauss, Karl Millöcker und Karl Komzak.
Werke
Eigene Oper(ette)n
Der Geiger aus Tirol (1857)
Der Musikfeind und Die Generalprobe (1862)
Die Zopfabschneider (1866)
Der Seekadett (1876)
Nanon, die Wirtin vom Goldenen Lamm (1877)
Im Wunderland der Pyramiden (1877)
Die letzten Mohikaner (1878)
Nisida (1880)
Eine gemachte Frau (1885)
Die Zwillinge (1885)
Die Piraten (1886)
Die Dreizehn (1887)
Freund Felix (1894)
Textbücher für andere Komponisten
Karneval in Rom (1873), Musik von Johann Strauss
Die Fledermaus (1874), Musik von Johann Strauss
Cagliostro in Wien (1875), Musik von Johann Strauss
Fatinitza (1876), Musik von Franz von Suppé
Boccaccio (1879), Musik von Franz von Suppé
Gräfin Dubarry (1879), Musik von Karl Millöcker
Die Fornarina (Komische Oper, 1879), Musik von Carl Zeller
Das Spitzentuch der Königin (1880), Musik von Johann Strauss
Apajune, der Wassermann (1880), Musik von Karl Millöcker
Donna Juanita (1880), Musik von Franz von Suppé
Der Gascogner (1881), Musik von Franz von Suppé
Der lustige Krieg (1881), Musik von Johann Strauss
Der Bettelstudent (1882), Musik von Karl Millöcker
Eine Nacht in Venedig (1883), Musik von Johann Strauss
Die Afrikareise (1883), Musik von Franz von Suppé
Gasparone (1884), Musik von Karl Millöcker
Der Vizeadmiral (1886), Musik von Karl Millöcker
Die Jagd nach dem Glück (1888), Musik von Franz von Suppé
Der Milionenonkel (1892) Musik von Adolf Müller jun.
Literatur
Halama, Diether: Richard Genée (1823-1895) - Librettist und Komponist - Der berühmteste Bewohner der Lawies, 1998/99.
Genée, Pierre: Richard Genée und die Wiener Operette, Wien 2014.