Moritz West (1840-1904)
eigentl. Dr. Moritz Georg Nitzelberger |
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Moritz Georg Nitzelberger wird am 6. August 1840 als Sohn des k.k. Hofbuchhaltungsoffizials Alois Nitzelberger in Wien III., Landstrasse, geboren. Bereits als Jugendlicher beginnt er mit dem Schreiben und als 17-jähriger verfasst er das Gedicht „Dreikönigsmärchen“, welches er Franz Grillparzer zur Begutachtung vorlegt. Dieser erkennt in ihm einen „ausgesprochenen Lyriker“. Moritz Nitzelberger freundet sich mit dem um zwei Jahre jüngeren Hofsängerknaben Carl Zeller an und verfasst für ihn zahlreiche Liedtexte, Gedichte und Übersetzungen. Später verbindet Moritz Nitzelberger mit Carl Zeller eine lebenslange Freundschaft und unter dem Pseudonym „Moritz West“ wird er zum Hauptlibrettisten aller Bühnenwerke des Mostviertler Operettenkomponisten.
Moritz Nitzelberger studiert von 1858 bis 1862 Rechtswissenschaften an der Universität in Wien und promoviert 1862 erfolgreich zum Dr. jur. Danach ist er zuerst Praktikant am Bezirksgericht Leopoldstadt, dann Sekretär der Wiener Union-Bank und ab 1874 als Verwaltungsrat bei der mährisch-schlesischen Kaschau-Oderberger-Bahn tätig. 1878 zwingt ihn aber eine hartnäckige Krankheit, seine gute Stellung in der Eisenbahndirektion aufzugeben und einen längeren Erholungsurlaub zu verbringen. Nitzelberger nutzt diese Zeit für eine Studienreise durch Italien. Hier arbeitet er am Textbuch für die komische Oper Joconde, dem ersten abendfüllenden Bühnenwerk seines Freundes Carl Zeller.
Nach seiner Rückkehr aus Italien lässt sich Nitzelberger wieder in seiner Heimatstadt Wien nieder. Hier ist er ein gern gesehener Freund der Familie Zeller. Zahlreiche Urlaube werden gemeinsam verbracht, so zum Beispiel in Spital am Phyrn und Aigen-Schlägl. Moritz Nitzelberger wohnt auch eine Zeit lang in einer Wohnung im gleichen Haus wie die Familie Zeller in Wien-Leopoldstadt. In seinen Erbschaftsprozessen berät und unterstützt er als studierter Jurist seinen damals bereits schwerkranken Freund Carl Zeller. Nitzelberger tritt sogar im Strafprozess des Jahres 1897 vor Gericht als Entlastungszeuge für Carl Zeller auf.
Mit den Textbüchern zu den Operetten Der Vagabund (1886), Der Vogelhändler (1891) und Der Obersteiger (1894) erreicht Moritz Nitzelberger seinen Höhepunkt als Bühnenautor. Insgesamt verfasst er neun Libretti zu Bühnenwerken von Carl Zeller. Bei einigen dieser Operettenlibrettis arbeitet er mit den Librettisten Camillo Walzel, Richard Genée und Ignatz Schnitzer zusammen. Aber auch für zahlreiche von Zeller vertonte Lieder und Chöre schreibt Nitzelberger die Texte und Gedichte. Neun weitere Textbücher zu Operetten anderer Komponisten sind belegt, darunter einige Bühnenerfolge wie Nisida (1880) von Richard Genée, Die Afrikareise (1883) von Franz von Suppé und vor allem Bruder Straubinger (1903) von Edmund Eysler. Mit diesem Werk, das er möglicherweise eigentlich für seinen leider zu früh verstorbenen Freund Carl Zeller geplant hatte, ist Moritz Nitzelberger neben Victor Léon der einzige Librettist der klassischen (goldenen) Ära der Wiener Operette, der auch in der modernen (silbernen) Ära dieses Genres erfolgreich ist.
Während seines letzten Sommeraufenthalt in Aigen-Schlägl in Oberösterreich erleidet Moritz Nitzelberger einen Herzanfall und stirbt am 11. Juli 1904 im Alter von 63 Jahren. Er wird am Pfarrfriedhof in Maria Enzersdorf begraben.
Textbücher
Szenen vom kölnischen Narrenfeste (Liederspiel, Wien 1868)
Die Thomasnacht (Liederspiel, Wien 1869)
Joconde (Komische Oper in 3 Akten, Wien 1876)
Die Fornarina (Komische Oper in 3 Akten, München 1879)
Nisida (1880)
Die Carbonari (Operette in 3 Akten, Wien 1880)
Die Afrikareise (1883)
Der Vagabund (Operette in 3 Akten, Wien 1886)
Bellmann (Komische Oper in 3 Akten, Wien 1887)
Gil Blas (1889)
Polnische Wirtschaft (1889)
Der Vogelhändler (Operette in 3 Akten, Wien 1891)
Die Kosakin (1891)
Der Obersteiger (Operette in 3 Akten, Wien 1894)
Die Schwalben (Operette in 3 Akten, Wien 1897)
Der Kellermeister (Operette in 3 Akten, Wien 1901)
Bruder Straubinger (Operette in 3 Akten, Wien 1903)
Der fromme Landsknecht (Operette in 3 Akten, 1903)