Operetten-Lexikon

Orpheus in der Unterwelt

Operette in 2 Akten
Musik von Jacques Offenbach
Text von Hector Cremieux und Ludovic Halevy / Johann Nepomuk Nestroy
Uraufführung: 21. Oktober 1858 im Theater Bouffes-Parisiens in Paris (Frankreich)
Deutsche Erstaufführung: 17. März 1860 im Carltheater in Wien (Österreich)

Nachdem Jacques Offenbach in seinem Theater Bouffes-Parisiens aufgrund von Lizenzbestimmungen zwei Jahre lang nur Einakter aufführen durfte, war "Orpheus in der Unterwelt" sein erstes abendfüllendes Werk und damit ein sensationeller Erfolg. Die Handlung persifliert die griechische Sage von Orpheus und Eurydike, jedoch wird gleichzeitig die Doppelmoral der besseren Gesellschaft des französischen Kaiserreichs parodiert. Sogar Kaiser Napoleon III. bleibt nicht verschont. Er findet sich in der Figur des liebestollen obersten Gottes Jupiter wieder. Die Operette gefiel dem Kaiser offenbar und er nahm die Anspielungen anscheinend nicht übel. Das bekannteste Musikstück ist der Höllen-Cancan im zweiten Akt. Die 1860 uraufgeführte Wiener Bearbeitung der Operette stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit von Johann Nestroy, der in Wien auch die Rolle des Jupiter übernahm.

Rollen

Orpheus, Musiklehrer (Tenor)
Eurydike, seine Frau (Sopran)
Die öffentliche Meinung (Alt)
Pluto/Aristäus, Herr der Unterwelt/Schäfer (Tenor)
Hans Styx, sein Diener (Bass)
Jupiter, oberster Gott, Herr des Olymp (Bariton)
Juno, seine Frau, oberste Göttin (Mezzosopran)
Venus, Göttin der Liebe (Sopran)
Diana, Göttin der Jagd (Sopran)
Minerva, Göttin der Weisheit (Sopran)
Bacchus, Gott des Weines (Bass)
Mars, Gott des Krieges (Bariton)
Merkur, Götterbote (Tenor)
Cupido, Liebesgott (Sopran)

Handlung

1. Akt
1. Bild: Auf der Erde, bei Theben im antiken Griechenland.
Der Musiklehrer und Geiger Orpheus betrügt seine Frau Eurydike mit der Nymphe Chloe. Längst hätte er sich von seiner ungeliebten Gattin scheiden lassen, wenn da nicht die Öffentliche Meinung wäre. Eurydike, die ein gelangweiltes Leben führt, hat ebenfalls einen Geliebten, den Schäfer Aristäus. Eurydike weiß aber nicht, dass ihr Liebhaber in Wahrheit Pluto, der Herr der Unterwelt, ist. Pluto will seine Geliebte in die Unterwelt verführen und wartet auf einen günstigen Zeitpunkt. Nach einem heftigen Streit zwischen den Eheleuten beißt er Eurydike mit einem Kuss des Todes in den Hals. Als Eurydike wieder zu sich kommt, schreibt sie gemeinsam mit Pluto einen Abschiedsbrief an Orpheus. Als dieser die Nachricht liest, glaubt er, endlich frei zu sein von seiner Frau. Doch da tritt ihm die Öffentliche Meinung in den Weg und fordert ihn auf, seine Ehefrau von Jupiter, dem obersten Gott, wieder zurückzufordern.

2. Bild: Auf dem Götterberg Olymp.
Bei den Göttern auf dem Olymp herrscht Langeweile und Überdruss. Jupiter vergnügt sich ungeniert mit jungen Frauen. Juno, seine Gemahlin, macht ihm eine Szene. Auf Erden sei eine wunderschöne Frau von einem Gott entführt worden. Jupiter streitet aber ab, mit der Entführung etwas zu tun zu haben. Da kommt Merkur, der Götterbote, mit der Nachricht, Pluto sei eben von einem Aufenthalt auf Erden mit einer wunderschönen Frau namens Eurydike in die Unterwelt zurückgekehrt. Um seiner Unschuld Nachdruck zu verleihen, zitiert Jupiter Pluto aus der Unterwelt auf den Olymp. Auch Pluto leugnet die Entführung. Da erscheint Orpheus und fordert seine Frau zurück. Jupiter beschließt nun, die Sache in der Unterwelt genauer zu untersuchen. Die gesamte Götterschar folgt ihm ins Höllenreich.

2. Akt

3. Bild: In der Unterwelt, in Plutos Boudoir.
Hans Styx, der stets betrunkene Diener Plutos, umwirbt die schöne Eurydike und erzählt ihr von seiner Zeit als Prinz von Arkadien. Doch Eurydike sehnt sich zurück zu ihrem Mann Orpheus. In Gestalt einer Fliege kommt Jupiter durchs Schlüsselloch in Eurydikes Zimmer. Er gibt sich als oberster Gott zu erkennen und verspricht ihr, sie zu befreien und mit auf den Olymp zu nehmen.

4. Bild: In der Hölle.
Pluto gibt für die Götter des Olymps ein Höllenfest. Es wird wild Cancan getanzt und getrunken. Die Gesellschaft wird aber von den Sterblichen gestört. Wieder fordert Orpheus von Jupiter seine Frau zurück. Jupiter gibt dem Wunsch nach, stellt aber eine Bedingung. Wenn Orpheus vor Eurydike in die Oberwelt hinaufsteigt, dürfe er sich nicht nach seiner Gattin umwenden. So beginnt der Marsch in Richtung Oberwelt. Doch als Orpheus und Eurydike das Tor erreichen, schleudert Jupiter einen Blitz. Orpheus dreht sich erschrocken herum und hat damit seine Frau verloren. Aber auch Pluto soll Eurydike nicht haben und so bestimmt Jupiter Eurydike zur Bacchantin.

Orchesterbesetzung

Streicher (Violinen 1, Violinen 2, Violen, Violoncelli, Kontrabässe)
2 Flöten (2. mit Piccolo), 1 Oboe, 2 Klarinetten, 1 Fagott, 2 Hörnern, 2 Trompeten, 1 Posaune, Pauken, Schlagzeug