Im weißen Rössl
Singspiel in 3 Akten
Musik von Ralph Benatzky, Robert Stolz, Bruno Granichstaedten und Robert Gilbert
Text von Ralph Benatzky, Hans Müller-Einigen und Erik Charell
Uraufführung: 8. November 1930 im Grossen Schauspielhaus Berlin (Deutschland)
Das Werk ist eine Auftragsarbeit des Produzenten Erik Charell. Das Libretto stammt vom Komponisten zusammen mit Hans Müller-Einigen und Erik Charell, die Liedtexte stammen von Robert Gilbert. Als Vorlage dient ein gleichnamiges Lustspiel von Oskar Blumenthal und Gustav Kadelburg, die es 1896 während eines Aufenthaltes im Hotel "Weißes Rössl" in Sankt Wolfgang, das seit 1878 besteht, schreiben. Aus Zeitgründen wird die kompositorische Arbeit, sehr zum Ärger von Ralph Benatzky, auf mehrere Komponisten aufgeteilt. Robert Stolz steuert schmelzende Liebesduette bei, Robert Gilbert im Tonfall des Berliner Schlagers das "Was kann der Sigismund dafür". Benatzky selbst besingt das "Weiße Rössl" am Wolfgangsee.
Das Singspiel in 3 Akten wird am 8. November 1930 im Grossen Schauspielhaus, dem späteren, 1988 abgerissenen ersten Friedrichstadtpalast, Nähe Schiffbauerdamm, in Berlin uraufgeführt. Heute gilt dieses Singspiel als eines der berühmtesten Vertreter der Berliner Operette. Das Werk wird später im nationalsozialistischen Deutschland wegen seiner jüdischen Mitautoren verboten. In London bringt es das Stück auf über 650 Vorstellungen en suite. Und in New York wird "The White Horse Inn" 1936 223-mal gespielt und ist damit ein andauernder Broadway-Erfolg. Oft wird das Stück auch als "Frühform des deutschen Musicals" gewertet.
1926 wird das Lustspiel von Blumenthal mit Liane Haid als Josepha Voglhuber und Max Hansen als Oberkellner Leopold erstmals verfilmt. Es handelt sich hier um einen Stummfilm. 1935 und 1952 folgen Verfilmungen des Singspieles. Die Verfilmung von 1960 stützt sich zwar auf die Operette, nimmt aber zahlreiche Veränderungen vor. So wird die Handlung in die Gegenwart versetzt und die Musik von Heinz Gietz in modernere, mit Swing- und Schlager-Elementen angereicherte Arrangements gefasst.
Rollen
Josepha Vogelhuber, Wirtin
Leopold Brandmeyer, Zahlkellner
Dr. Otto Siedler, Rechtsanwalt
Wilhelm Giesecke, Berliner Fabrikant
Ottilie, seine Tochter
Sigismund Sülzheimer, Sohn des Konkurrenten Gieseckes
Prof. Dr. Hinzelmann, Urlauber
Klärchen, seine Tochter
Kaiser Franz Joseph
Der Piccolo
Der Reiseführer
Handlung
1. Akt:
Im Hotel "Zum weißen Rössl" ist Hochsaison. Das Personal ist überfordert und der Zahlkellner Leopold beruhigt die unzufriedenen Gäste. Weniger Erfolg mit seinem Charme hat er bei seiner Chefin Josepha Vogelhuber, bei welcher er Annäherungsversuche macht. Sie weist ihn aber ab, denn sie ist verliebt in den Berliner Rechtsanwalt Dr. Otto Siedler, einen langjährigen Stammgast, der für den Nachmittag erwartet und dann herzlich von ihr begrüsst wird. Sein Erscheinen wird auch von einem anderen Gast ungern gesehen. Der Fabrikant Wilhelm Giesecke, auf Drängen seiner Tochter Ottilie hier im Urlaub und von Josepha nur unzureichend für die Gegend begeistert, hat gegen ihn und dessen Mandanten, seinen Erzkonkurrenten Sülzheimer einen Prozess verloren. Töchterchen Ottilie hindert dies jedoch nicht, den Avancen Siedlers nachzugeben. Im strömenden Regen endet der erste Akt.
2. Akt:
Leopold weigert sich, einen Blumenstrauss von Josepha auf das Zimmer Dr. Siedlers zu bringen und gesteht ihr seine Liebe. Sie streiten sich und Leopold wird gekündigt. Inzwischen ist auch der Sohn des Fabrikanten Sülzheimer eingetroffen, der sich im Zug dorthin in das lispelnde Klärchen verliebt hat. Da sich als Gast auch noch Kaiser Franz Joseph ankündigt, ist Josepha gezwungen, Leopold wieder einzustellen, um genug Personal zu haben. Als er jedoch den Kaiser begrüssen soll, kommt es fast zum Eklat. Josepha erscheint am Arm von Siedler und der eifersüchtige Leopold gerät in Rage. Kaum ist der Kaiser im Hotel, bricht Leopold in Tränen aus.
Der Kaiser spricht mit Josepha. Er hat die Verwirrungen durchschaut und rät ihr, lieber mit dem Möglichen zufrieden zu sein, als nach Träumen zu streben. Josepha erkennt, dass Leopold sie aufrichtig liebt, und überreicht ihm unter dem Vorwand, ihn wegen des gestrigen Skandals erneut entlassen zu wollen, ein überraschendes Zeugnis: "Entlassen als Zahlkellner, aber engagiert auf Lebensdauer als Ehemann". Inzwischen hat Giesecke versucht, seine Tochter mit dem Sohn seines Konkurrenten zu verkuppeln, doch hat sie längst den Antrag von Siedler angenommen. Zudem hat Sigismund Sülzheimer auch um die Hand Klärchens angehalten. Der brummige Fabrikant muss dies nun akzeptieren, was ihm durch ein Angebot von Sülzheimer zur Beilegung des Streits versüsst wird. Im Freudengesang der drei glücklichen Paare endet die Operette.
Musiknummern und Komponisten
Ralph Benatzky (1884-1957)
"Im weißen Rössl am Wolfgangsee"
"Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein"
"Es muss was Wunderbares sein"
"'S ist einmal im Leben so"
Robert Stolz (1880-1975)
"Mein Liebeslied muss ein Walzer sein"
"Die ganze Welt ist himmelblau"
Bruno Granichstaedten (1879-1944)
"Zuschau’n kann i net"
Robert Gilbert (1899-1978)
"Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist?"
Orchesterbesetzung
Flöte I und II, Oboe, Klarinette I und II, Fagott, Horn I bis III, Trompete I bis III, Posaune I bis III
Violine I und II, Viola, Viloncello, Kontrabass, 2 Schlagzeuge, Harfe, Cel, Harmonika, Zither, Gitarre (Banjo)
Bühnenmusik: Piccolo, Horn, Trompete, Tuba, Schlagzeug, Schrammelquartett, Horn I bis III hinter der Szene
Dampferkapelle: Piccolo, Es-Klarinette, Klarinette, Horn, Trompete, Tuba, Schlagzeug
Feuerwehrkapelle: Es-Klarinette, Klarinette, Horn I und II, Trompete I und II, Tuba, Schlagzeug
Literatur
Hennenberg, Fritz: Es muß was Wunderbares sein ... - Ralph Benatzky - Zwischen "Weißem Rößl" und Hollywood, Wien 1998.
Grosch, Niels (Hrsg.) / Stahrenberg Carolin (Hrsg.): Im weißen Rößl - Kulturgeschichtliche Perspektiven, Münster-New York 2016.